„Inflationäre Nutzung“ ist der erste reflexartige Gedanke bei dieser Begriffskombination. Dabei steckt hier eine für jede Firma relevante Entwicklung dahinter. Generell lässt sich digitale Transformation in zwei Richtungen einteilen: 1. digitale Transformation von Geschäftsprozessen, 2. digitale Transformation von Geschäftsmodellen. Gerade die erste Variante ist uns allen schon seit Jahrzehnten als „das papierlose Büro“ bekannt. Von papierbasiertem Dokumentenfluss kommend wanderten schon seit vielen Jahren immer mehr Prozesse in die digitale Welt. Der Effekt war mehr Effizienz, geringere Kosten, die einfachere Archivierung, simple Recherchierbarkeit und schlussendlich der Zugang von überall. Der entstehende digitale Datenschatz in zum Beispiel einem ERP-Tool führte zu Analyseergebnissen, die aus papierbasierten Dokumenten nur zufällig hätten entdeckt werden können und digital per Knopfdruck oder automatisiert zu jeder Sekunde zur Verfügung standen.
Nun ist die digitale Transformation der zweiten Art ein nicht ganz so altes Phänomen und überrollt nach und nach alle Branchen. Wenn sich ein Geschäftsmodell digital transformiert, dann ist mitunter sogar das Ende des analogen/physischen Geschäftsmodells eingeläutet. Wann war man zum Beispiel das letzte Mal in einer Videothek? Hier ist es eben nicht nur die Übertragung eines früher analogen Prozesses in gleicher Form in die digitale Welt, sondern tatsächlich damit einhergehend eine teils völlige Veränderung des Geschäftsmodells. Der stationäre Handel und sein digitales Pendant, der Onlinehandel, sind zwar namentlich verwandt, haben aber inhaltlich teils gänzlich andere Herausforderungen. Natürlich sind die Kategorien der Herausforderungen ähnlich – Logistik, Marketing, etc. – jedoch sieht es inhaltlich völlig anders aus. Search Engine Marketing und die Schaufensterpräsentation, Filialbelieferung und atomisierte Paketsendungen sind dann auf der Detailebene sehr unterschiedliche Problemfelder.
Gerade in der digitalen Transformation von Geschäftsmodellen steckt die eigentliche, mentale Herausforderung. „Mehr vom Gleichen“ oder „nur ein wenig anders“ reicht nicht. Disruption ist die Folge – der Angriff von unerwarteter Seite, der einen Markt komplett verändert oder ersetzt. Komfortzonen gibt es nicht mehr. Wie also reagiert man darauf? Angriff ist die beste Verteidigung. Wer seinen Markt gut kennt, kennt auch dessen Schwachstellen. Vom Kunden aus gedacht sind es genau diese, die zur Disruption führen. Marketing-affine Menschen werden die 4Ps kennen: Product, Place, Promotion, Price. Denke ich diese Kategorien in 4Cs neu, dann wird daraus Consumer, Convenience, Communication, Cost. Ein simpler Kniff, um zu erkennen, dass sich das Verhältnis Kunde-Lieferant demokratisiert und digitale Geschäftstransformation vor allem etwas damit zu tun hat, seinen Kunden besser zu verstehen und seine Bedürfnisse besser zu adressieren.