Als ich vom Vorstandsvorsitzenden zum Aufsichtsratsvorsitzenden wurde, war die inhaltlich komplizierteste Herausforderung das operative Geschäft in Ruhe zu lassen. Dies tut man, um dem Vorstand ein guter Sparringspartner sein zu können, um Aufsicht führen zu können. So will es §111 Absatz 1 AktG. Das verlangt mehrere Geisteshaltungen einzunehmen:
- Die Geschäftsführung obliegt dem Vorstand. Ich mag mit Entscheidungen nicht einverstanden sein, aber ich kann dies zum Ausdruck bringen und je nach Geschäftsordnung auch meine Zustimmung verweigern.
- Die Mitglieder des Vorstands habe ich mit ausgewählt. Sie zu ernennen war Ausdruck meiner direkten Einflussnahme. Ihre Entscheidungen sind Folge meiner vorherigen Auswahl.
- Verweigere ich die Zustimmung zu Entscheidungen in zu exzessiver Form oder verlange ich zu minutiös Auskunft vom Vorstand, ist dies zwar Ausdruck meines Misstrauens, jedoch in aller erster Linie Einflussnahme.
- Jede Geschäftsführung ist auf Ratschlag und Freiraum angewiesen. Ratschlag zu geben ohne den für die Umsetzung notwendigen Freiraum zu lassen, ist nutzlos. Verweigere ich also Letzteres, muss ich Ersteres auch nicht mehr geben.
Nun gibt es eine Entwicklung, dass Aufsichtsräte immer mehr direkte Ansprechpartner externer Stakeholder werden. Wohl gemerkt, die Geschäftsführung obliegt dem Vorstand. §105 Absatz 1 AktG sagt sehr klar, dass man nicht Aufsichtsrat und Vorstand, Prokurist, Generalbevollmächtigter in ein und demselben Unternehmen sein kann. Bock und Gärtner kann man nun einmal nicht gleichzeitig sein. Und dennoch mag es Umstände geben unter denen man einen Zustand des Vorstandslosigkeit schnell heilen muss und ggf. selbst einspringt. Da kommt §105 Absatz 2 AktG zur Hilfe und erlaubt mir dies für maximal ein Jahr.
Deutschland hat in seinen Aktiengesellschaften der Rechtsform AG ein dualistisches System. Vorstand für Geschäftsführung, Aufsichtsrat für Überwachung. Der Aufsichtsrat ist nicht die bessere Geschäftsführung und der Vorstand beaufsichtigt sich nicht selbst. So ist dies angelegt. Und so komplex ist es für den Einzelnen auch, wenn er/sie sich mit einem Aufsichtsratsmandat auseinander setzt. Man berät und überwacht, man überlässt die Geschäftsführung aber dem Vorstand.
Gerne unterstützen wir beim Rollenwechsel von Vorstand in den Aufsichtsrat bzw. bei der Übernahme eines Aufsichtsratsmandats in Form von Mentoring/Coaching. Sprechen Sie uns an!